Treibhausgas-Experten tauschen sich zu Klimaschutzmaßnahmen in der Landwirtschaft aus
Straubing, 16.11.2021. Um den Klimaschutz in der Landwirtschaft voranzubringen, müssen die Erkenntnisse beim Anwender ankommen. Dazu bedarf es eines breiten Wissenstransfers, den das Experten-Netzwerk THeKLa forciert. Zu diesem Ergebnis kamen die Experten auf der virtuellen ersten Jahrestagung Wissen.Schafft.Klimaschutz – Treibhausgasbilanzierung und praxisrelevante Maßnahmen für die Landwirtschaft. Führende Akteure aus Wissenschaft und Praxis stellten ihre neuesten Erkenntnisse vor, insgesamt wohnten der zweitägigen Veranstaltung über 100 Interessierte bei.
Einen Schwerpunkt legten die Organisatoren auf das Thema Lachgasemissionen. Lachgas ist das klimarelevanteste Treibhausgas (THG) in der Landwirtschaft. Dr. Roland Fuß vom Thünen Institut für Agrarklimaschutz stellte den neuen und spezifischen Emissionsfaktor zur Berechnung der direkten Lachgasemissionen aus landwirtschaftlichen Böden in Deutschland vor. Er erklärte, dass der Faktor von der Bodenart und der Witterung abhängig und regional unterschiedlich sei. Für Deutschland müsse deshalb mit einem Emissionsfaktor von 0,6 % der ausgebrachten Stickstoffmenge bilanziert werden, anstatt des global verwendeten Emissionsfaktors von 1 %: „Die Vorjahresschätzung 2020 für die Landwirtschaft betrug 66 Mio. Tonnen CO2 Äq. und wäre bei Verwendung der neuen Methodik um 4 Mio. Tonnen CO2 Äq. niedriger gewesen“, so Fuß. Der neue Faktor soll in der Berichterstattung ab 2022 für die Berechnung der Treibhausgas-Inventare der Landwirtschaft verwendet werden.
Eine weitere Möglichkeit, die Freisetzung von Lachgasemissionen zu mindern, ist der Einsatz von sogenannten Nitrifikationsinhibitoren. Dr. Reiner Ruser von der Universität Hohenheim legte dar, dass sich auf diese Weise der Stickstoff im Dünger stabilisieren und sich damit die Freisetzung von Lachgasemissionen um bis zu 35% reduzieren lässt.
Einig waren sich die Teilnehmer darin, dass der Beratung eine zentrale Rolle zukommen muss. Nur durch die Förderung der Beratungsleistungen könne man den Wissenstand zu mehr Klimaschutz und Energieeffizienz auf landwirtschaftlichen Betrieben steigern. Hierbei kommen unterschiedliche THG-Tools zum Einsatz, die bei der Tagung vorgestellt wurden. Allerdings fehle es bislang an einer echten Erfolgskontrolle hinsichtlich der tatsächlichen Umsetzung der Maßnahmen, wie Dr. Christine von Buttlar von der Ingenieurgemeinschaft für Landwirtschaft und Umwelt berichtete.
„Das Ergebnis einer Treibhausgas-Bilanz hängt maßgeblich von den getroffenen Annahmen und Festlegungen ab“, erklärte Dr.-Ing. Daniela Dressler in ihrem Abschlussvortrag. Die Leiterin der Abteilung Systembewertung Nachwachsende Rohstoffe am Technologie- und Förderzentrum (TFZ), machte deutlich, dass die unterschiedlichen Methoden zur Bilanzierung von Treibhausgasen die Vergleichbarkeit der Ergebnisse erschweren. „Bei der Bepreisung von Klimaschutzmaßnahmen durch CO2 -Zertifikate brauchen wir zukünftig eine einheitliche Methode für die Berechnung der Treibhausgase“, forderte Dressler. Für die Beratung auf den landwirtschaftlichen Betrieben haben die eingesetzten THG-Tools mit unterschiedlichen methodischen Ansätzen weiterhin ihre Berechtigung. Zu diesem Ergebnis kamen die Teilnehmer in der Abschlussdiskussion.
Die Tagung wurde im Rahmen des bundesweiten Experten-Netzwerk Treibhausgasbilanzierung und Klimaschutz in der Landwirtschaft (THeKLa) abgehalten, dem führende Forschungseinrichtungen angehören. Die Projektleitung ist am Technologie- und Förderzentrum (TFZ) angesiedelt. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft über die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. gefördert.
Wie lässt sich der Klimaschutz in der Landwirtschaft erhöhen? Dieser Frage gingen Wissenschaftler und Praxisberater auf der 1. Jahrestagung des Experten-Netzwerkes THeKLa nach.