Rapsölbetriebene Blockheizkraftwerke für Berghütten
Der Deutsche und Österreichische Alpenverein haben sich zum Ziel gesetzt, die Energieversorgung von Berghütten möglichst umweltfreundlich zu gestalten. Mit Rapsöl betriebene Blockheizkraftwerke können dabei einen wichtigen Beitrag als Ersatz für Dieselaggregate leisten.
Für eine reibungslose Versorgung von Berghütten mit Rapsölkraftstoff sind aufgrund der speziellen Gegebenheiten der Gebirgsregion verschiedene Aspekte hinsichtlich Beschaffung, Transport und Lagerung von Bedeutung.
Zusammenfassung
Die umweltfreundliche Energieversorgung von Berghütten ist ein wichtiger Bestandteil im Grundsatzprogramm des Deutschen Alpenvereins zum Schutz und zur nachhaltigen Entwicklung des Alpenraums. Erklärtes Ziel ist der vollständige Ersatz von Dieselaggregaten auf Berghütten. An deren Stelle können mit Rapsöl betriebene Blockheizkraftwerke (BHKW) Antriebsenergie für Materialseilbahnen sowie Strom und Wärme für den Hüttenbetrieb liefern. Rapsölkraftstoff ist schnell biologisch abbaubar, nicht wassergefährdend und trägt somit zum Schutz von Böden, Gewässern und Lebewesen im Alpenraum bei. Voraussetzung für einen kostengünstigen und sicheren Betrieb von Rapsöl-BHKW ist eine an die speziellen Gegebenheiten der Gebirgsregion angepasste Kraftstofflogistik. Beschaffungswege, Transportkosten, Gebindegrößen und Kraftstofflagerung sind dabei wichtige Aspekte, die für eine reibungslose Versorgung von Berghütten mit Rapsölkraftstoff zu berücksichtigen sind.
Einführung
Die alpinen Vereine sind bestrebt, den Betrieb von Berg- und Schutzhütten gleichermaßen umweltfreundlich, wirtschaftlich und sicher zu gestalten. Dazu gehören auch Maßnahmen zum Klimaschutz, zumal die Folgen des Klimawandels in besonderem Maße das sensible Ökosystem der Gebirgsregionen bedrohen.
Rapsölkraftstoff aus dezentralen Ölmühlen eignet sich in idealer Weise zur umweltfreundlichen Strom- und Wärmeerzeugung in Blockheizkraftwerken auf Berghütten. Rapsöl ist, wenn es bei Unfällen in die Umwelt gelangt, schnell biologisch abbaubar und nicht wassergefährdend. Somit trägt es zum Schutz von Böden, Gewässern und Lebewesen des Alpenraums bei.
Rapsölkraftstoff
- ist schnell biologisch abbaubar und nicht wassergefährdend,
- ersetzt fossiles Heizöl,
- spart mehr als 60 % Treibhausgase ein,
- ermöglicht mehr Unabhängigkeit von importierten Rohstoffen,
- wird regional hergestellt und stärkt die heimische Wirtschaft.
Multitalent Raps
Raps ist eine wertvolle Blühpflanze in der Fruchtfolge auf unseren Feldern und liefert gentechnisch nicht verändertes Eiweißfutter, das importiertes Soja ersetzt. Rapsöl wird zudem als hochwertiges Speiseöl geschätzt. Weil nicht die gesamte Rapsölmenge im Nahrungsmittelsektor vermarktet werden kann, steht ein Teil des Ertrags von ca. 1.400 l Rapsöl je Hektar zur Nutzung als technisches Öl bzw. als Kraftstoff für pflanzenöltaugliche Motoren zur Verfügung. Ein Hektar Raps liefert neben 1.400 l Rapsöl auch 2.300 kg Eiweißfutter und 6,7 t Stroh für Teller, Trog und Tank.
Rapsölbetriebene Blockheizkraftwerke (BHKW) können eine wichtige Rolle im Gesamtkonzept einer auf erneuerbaren Quellen basierenden effizienten Energieversorgung von Berghütten spielen, wo sie witterungsunabhängig, bedarfsgerecht und zuverlässig gleichzeitig Strom und Wärme für den Hüttenbetrieb liefern. Für die reibungslose Versorgung mit Rapsölkraftstoff sind die speziellen Bedingungen des Alpenraums zu berücksichtigen.
Berghütten mit Rapsöl-BHKW
Nach Angaben des Deutschen Alpenvereins sind in den Alpen rund 2.000 Hütten im Besitz der Alpenvereine der verschiedenen Länder. Zusätzlich existieren rund 12.000 Privathütten. Seit dem Jahr 1996 wurden etwa 60 Berghütten mit pflanzenöltauglichen Blockheizkraftwerken (BHKW) ausgestattet. Die BHKW dienen überwiegend zur autarken Versorgung der Hütten mit Strom und Wärme für Warmwasser und Raumbeheizung sowie zum Antrieb von Materialseilbahnen. Die folgenden Abbildungen zeigen Berghütten mit Rapsöl-BHKW.
Die elektrische Nennleistung der installierten Rapsöl-BHKW liegt meist zwischen 6 und 28 kW, in Einzelfällen auch darüber. Als Motoren werden überwiegend wassergekühlte Viertakt-Dieselmotoren mit drei, vier oder sechs Zylindern verwendet. Die Ausstattung mit Synchron-Generatoren erlaubt einen netzunabhängigen Inselbetrieb.
Bezug von Rapsölkraftstoff
Rapsölkraftstoff für Berghütten kann direkt bei den Herstellungsbetrieben (dezentrale Ölmühlen) bezogen werden. Die Ölmühlen garantieren die normgerechte Kraftstoff-Qualität für einen störungsfreien Motor-Betrieb. Manche süddeutsche und österreichische Ölmühlen bieten Rapsölkraftstoff speziell für Berghütten im Alpenraum an. Es empfiehlt sich vorab Angebote einzuholen und die Liefermodalitäten zu klären. Eine frühzeitige Bestellung erlaubt häufig die Bündelung von Aufträgen und damit die Minderung von Transportkosten für die Anlieferung.
Übliche Gebindearten sind sogenannte IBC, stapelbare Tanks aus Kunststoff oder Edelstahl, die von einem Metallrohrmantel umgeben sind. Sie haben üblicherweise ein Fassungsvermögen von 800 bis 1.000 l. IBC-Tanks werden vor allem dann verwendet, wenn direkt zur Hütte bzw. in ein Zwischenlager geliefert werden kann. Erfolgt die Anlieferung zur Hütte über eine Materialseilbahn, sind oft Kanister oder Fässer mit einem Volumen von 25 bis 60 l erforderlich. Diese können z. B. an der Talstation einer Materialseilbahn aus größeren Tanks bzw. IBC befüllt werden. In seltenen Fällen kann auch lose Ware in einem Tankwagen in das Zwischenlager oder direkt zur Hütte transportiert werden.
Anforderungen an Rapsölkraftstoff
Die Grundlage für einen störungsfreien und emissionsarmen Betrieb von Blockheizkraftwerken ist die Verwendung von Rapsölkraftstoff gemäß der Norm DIN 51605. Für Pflanzenöl-BHKW ohne Abgas-Partikelfilter genügt manchmal auch eine Rapsölkraftstoffqualität mit geringfügig höheren Gehalten an Phosphor, Calcium und Magnesium, etwa wie sie noch bis zum Jahr 2011 gültig waren. In jedem Fall ist die vom BHKW-Hersteller vorgeschriebene Rapsölkraftstoffqualität einzuhalten. Von der Verwendung gebrauchter Speisefette, von Teilraffinaten oder nicht näher spezifizierten Pflanzenölen ist dringend abzuraten.
Die geforderte Kraftstoffqualität sollte beim Kauf zugesichert und schriftlich vermerkt werden. Als Nachweis für die gelieferte Qualität können Ölproben dienen, die bei der Anlieferung gezogen werden. Idealerweise sind drei repräsentative Rückstellmuster à 1 l je Einzelgebinde zu nehmen. Eine Ölprobe verbleibt beim Lieferanten, eine beim Empfänger und eine wird für den Schiedsfall zur Analyse aufbewahrt. Alle Ölproben sind in neue Probeflaschen zu füllen, zu versiegeln und zu unterzeichnen. Die Proben sind kühl und dunkel, z. B. im Kühlschrank aufzubewahren, mindestens so lange bis die Ölcharge verbraucht ist.
Lagerung von Rapsölkraftstoff
Rapsölkraftstoff besteht zu 77 bis 78 Gew.-% aus Kohlenstoff, zu 11 bis 12 % aus Wasserstoff und zu 10 bis 11 % aus Sauerstoff. Bei der Lagerung können Reaktionen stattfinden. Diese sind überwiegend abhängig von den Lagerungsbedingungen. Bei kühler und dunkler Lagerung in einem sauberen Tank ist Rapsölkraftstoff etwa 12 Monate problemlos lagerfähig.
Die Viskosität (Zähflüssigkeit) von Pflanzenölen nimmt bei niedrigen Temperaturen überproportional zu. Der Übergang vom flüssigen in den festen Aggregatszustand ist neben der Höhe der Temperatur auch von der Dauer der Temperatureinwirkung abhängig. Sinkt beispielsweise die Lagertemperatur unter -10 °C wird Rapsöl spätestens nach drei Tagen fest, bei -25 °C bleibt Rapsöl nur bis zu ca. 6 Stunden flüssig. Bei niedrigen Temperaturen fest gewordenes Rapsöl wird bei Erwärmung wieder rückstandsfrei flüssig und kann problemlos wiederverwendet werden.
Für die Lagerung gilt:
- auf konstant kühle Temperaturen achten, z. B. im Erdtank
- direkte Sonneneinstrahlung vermeiden
- Tanks sollen nicht dauerhaft beheizt werden
- muss Rapsölkraftstoff zur besseren Pumpfähigkeit erwärmt werden, soll dieser umgehend im Motor verbrannt werden
- Lagertanks sollten sauber gehalten werden
- Zutritt von Sauerstoff und Wasser so weit wie möglich vermeiden, Tanks verschließen
- keine kraftstoffführenden Teile aus katalytisch wirkenden Metallen (z. B. Kupfer, Messing); geeignet sind Edelstahl und Kunststoffe
Pflanzenöl-BHKW
Bei Blockheizkraftwerken (BHKW) wird die mechanische Energie des Motors im Generator in elektrische Energie umgewandelt. Ein Teil der bei der Verbrennung entstehenden Wärmeenergie aus den Kühlkreisläufen des Motors und dem Motorabgas wird mit Hilfe von Wärmeübertragern über ein Wärmeverteilungsnetz einem Verbraucher zugeführt. Durch die gleichzeitige Nutzung von Strom und Wärme werden Gesamt-Wirkungsgrade von bis zu 90 % und mehr erzielt. Das nebenstehende Bild zeigt ein rapsöltaugliches Blockheizkraftwerk mit einer elektrischen Leistung von 8 kW der Firma KW Energie.
Der Heizwert von Rapsöl beträgt 37,5 MJ/kg. Bezogen auf das Volumen liegt dieser etwa 4 % niedriger als von extra leichtem Heizöl, was zu einem geringfügigen Mehrverbrauch von Rapsölkraftstoff führt. Der Wirkungsgrad im Motor bleibt unverändert. Ein wesentlicher Unterschied zu Heizöl ist die höhere Viskosität von Rapsöl vor allem bei niedrigen Temperaturen. Deshalb sind bei pflanzenöltauglichen BHKW technische Anpassungen im Vergleich zu konventionellen Heizöl-BHKW erforderlich.
Hierzu zählen beispielsweise:
- Vorwärmung des Kraftstoffs und/oder des Motors
- Modifizierung der Motorsteuerung, v. a. Anpassung der Einspritzparameter
- Austausch von Komponenten des Kraftstoffsystems
Auslegung und Planung von Rapsöl-BHKW
Im Vergleich zu heizölbetriebenen BHKW ist beim Einsatz von Rapsölkraftstoff in der Regel keine wesentliche Änderung des Emissionsverhaltens zu verzeichnen. Der Einsatz von Oxidationskatalysatoren zur Geruchs- und Schadstoffminimierung ist empfehlenswert.
Blockheizkraftwerke werden entweder parallel zum elektrischen Netz oder auch netzunabhängig zur Inselversorgung eingesetzt. Entscheidend für einen umweltfreundlichen und wirtschaftlichen Betrieb ist eine sorgfältige Planung mit bedarfsgerechter Einbindung in das Gesamt-Energiekonzept der Hütte. Die Auslegung sollte daher nur von Fachplanern erfolgen, die Erfahrung mit den besonderen Gegebenheiten bei der Energieversorgung von Berghütten aufweisen können. Beispielsweise ist schon bei der Planung eines BHKW zu berücksichtigen, dass sich die Leistungswerte um ca. 1 % je 100 m Höhe gegenüber der Referenz (400 m ü. NN) verringern. In einer Höhe von 2.400 m ist also die Leistung um ca. 20 % geringer als im technischen Datenblatt des BHKW angegeben.
Zur Reduzierung des Ausfallrisikos ist für Kaltstarts bei sehr tiefen Temperaturen aber auch zur Spülung vor einer saisonalen Stilllegung des Aggregats eine zweite Kraftstoffversorgung mit bei tiefen Temperaturen leichter pumpbarem und zündbarem Kraftstoff (z. B. Heizöl) vorzusehen. Dafür reicht in der Regel ein Vorrat von ca. 10 bis 50 l aus.
Wartungs- und Reparaturarbeiten am BHKW sind sorgfältig und fachgemäß, idealerweise durch die Herstellerfirma oder durch eingewiesenes und erfahrenes technisches Personal durchzuführen.
Weitere Informationen
Die Vorschriften für die Errichtung und den Betrieb von Pflanzenöl-BHKW sind länderabhängig und unterliegen fortlaufenden Änderungen. Es ist daher empfehlenswert, sich über die jeweils gültige aktuelle Gesetzeslage zu informieren.
Sicherheitsrelevante Anforderungen sind bei Transport und Lagerung von Rapsöl von geringerer Bedeutung als bei Heizöl oder Diesel, denn:
- Reines unbehandeltes Rapsöl fällt unter die Kenn-Nummer 760 (Triglyceride) des Anhangs 1 der VwVwS und zählt damit zu den nicht wassergefährdenden Stoffen.
- Rapsölkraftstoff wird innerhalb von 21 Tagen zu über 95 % biologisch abgebaut (gemäß CEC L-33-A-94).
- Rapsölkraftstoff hat mit ca. 230 bis 240 °C einen deutlich höheren Flammpunkt als Heizöl bzw. Dieselkraftstoff (ca. 64 °C) und weist keine Gefährlichkeitsmerkmale nach § 4 der Gefahrstoffverordnung auf.
Nachhaltigkeit
Die Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung fordert einen Nachweis der Nachhaltigkeit für flüssige Biomasse, die zur Erzeugung von Strom nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) eingesetzt wird. Für Inselanlagen oder Anlagen, die nicht nach dem EEG vergütet werden, ist jedoch die BioSt-NachV nicht relevant. Nachhaltigkeitsnachweise sind demnach für BHKW auf Berghütten nicht erforderlich.
Eine exemplarische Berechnung der Treibhausgase (THG) je Nutzenergieeinheit eines Berghütten-BHKW ergibt eine THG-Minderung in Abhängigkeit der Berechnungsmethode von etwa 62 % (Allokation) bzw. 79 % (Substitution) beim Einsatz von Rapsölkraftstoff im Vergleich zu Heizöl. Als Berechnungsgrundlage wurden hierfür die für die THG-Bilanz relevanten, speziell erhobenen Daten einer dezentralen Ölmühle (Verarbeitung der Rapssaat) sowie der dorthin liefernden Landwirte (Anbau von Raps) verwendet. Des Weiteren wurde unterstellt, dass der Kraftstoff 100 Straßenkilometer zu einer Berghütte transportiert wird und dort in einem BHKW Strom und Wärme erzeugt wird. Eine THG-Bilanz berücksichtigt den Ausstoß an klimawirksamen Gasen über den gesamten Lebenszyklus eines Produktes inklusive aller Vorketten, wozu unter anderem die Herstellung von Dünger sowie der verwendeten Maschinen zählt.
Danksagung
Dieser Beitrag basiert auf Ergebnissen aus Forschungsarbeiten, die durch den Freistaat Bayern, den Bund sowie die Deutsche Bundesstiftung Umwelt gefördert wurden. Weitere Unterstützung erfolgte durch das vom Deutschen Alpenverein (DAV) und Österreichischen Alpenverein (ÖAV) initiierte INTERREG-Projekt „CO2-neutrale Energieversorgung von Hütten“ aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung.
Referenzen
DEUBLER, H.; HUBMANN, J.; NIEDERBERGER, T.; STEINBACHER, G.; HÖFLER, H. (2011): Leitfaden für umweltgerechte Hüttentechnik. Planung, Errichtung, Betrieb, Wartung; Herausgeber: Deutscher Alpenverein, Oesterreichischer Alpenverein. 1. Aufl. München: Bergverlag Rother, 136 Seiten, ISBN 978-3-7633-8038-1 |
REMMELE, E. (2009): Handbuch Herstellung von Rapsölkraftstoff in dezentralen Ölgewinnungsanlagen. Gülzow: Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR), 88 Seiten |
THUNEKE, K.; REMMELE, E.; WIDMANN, B. (2014): Rapsöl-BHKW für Berghütten. TFZ-Kompakt, Nr. 12. Straubing: Technologie- und Förderzentrum im Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe (TFZ), 15 Seiten |
Quellenangabe
Thuneke, K.; Eidenschink, U. (2014): Rapsölbetriebene Blockheizkraftwerke für Berghütten. Schule und Beratung, Nr. 6-7, S. 18–21
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